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Waltrauts Fürsorge ist grenzenlos. Als Gundel einmal im Bett bleiben musste, weil sie so hustete, setzte sich Waltraut an ihr Bett und sang ihr unermüdlich vor. Als Detlev aus demselben Grund einmal liegen musste, fragte sie bei jeder Mahlzeit sofort:“ Bekommt der Deti nichts?“ Dann suchte sie ein Tablett und wollte ihm unbedingt selbst das Essen bringen, was sie denn auch sehr geschickt bewerkstelligte.

     Als Detlev seine Kekse vom Nikolaus schon hergeschenkt hatte und deshalb mit aller Unbefangenheit an Gundels Teller gehen wollte, machte ich ihm klar, dass er das nicht tun dürfe, was er nicht recht einsehen wollte. Da gab ihm Waltraut sofort ein Keks von den ihren, obwohl sie für sich selber äußerst sparsam damit ist.


9. Dezember:

   Im Grunde ist Detlev ja gar nicht so geizig, im Gegenteil: Er und Waltraut sind eigentlich sehr für das Schenken. So spielen sie mit Vorliebe, dass sie „hinausgeschmissen“ wurden und nun bei einer Tante einquartiert werden. Sie bringen der Tante aber viel mit... na ja, einen kleinen Haken hat die Sache schon: Es sind halt doch nur Geschenke aus dem luftigen Reich der Phantasie - sie kosten nichts und verpflichten zu nichts.
 
   Sehr oft hat auch eines der Kinder im Spiel Geburtstag und muss dann beschenkt werden. Am Nikolaustag meinte Detlev: „Heute hat ja der Nikolo, der liebe, Geburtstag. Da muss ich ihm etwas schenken.“

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    Aber es war nicht so falsch, was die Tante Inge da beobachtet hat - ich hätte gerne geschenkt, wenn ich etwas zum Verschenken gehabt hätte. Einmal - da wohnten wir schon in Mils und ich ging in Hall zur Schule, in die 2. Klasse - stattete ich dem Buchhändler Moser einen Besuch ab. Die Mosers, das wusste ich wohl, waren alte Freunde meiner Familie und deshalb fand es auch keiner seltsam, dass ich allein in die Buchhandlung spazierte und mich einfach mal umsah. Dazu muss man wissen, dass der Laden am Langen Graben lag, einer ziemlich steil ansteigenden Gasse, und deshalb waren die beiden Verkaufsräume durch eine Treppe verbunden. Da kam nun von unten, wo es auch Zigaretten gab (ein paar Jahre später haben wir das mal ausgenutzt, Gundula und ich, aber das ist eine andere Geschichte...), der junge Herr Moser, nahm sich ein paar Bücher und stieg mit diesen wieder die Treppe hinunter, einfach so. Dass ihm der Laden gehörte und dass er deshalb mit seinen Büchern schalten und walten konnte, wie er wollte, habe ich ja damals nicht begriffen - ich war nur fasziniert davon, dass man offenbar einfach Bücher nehmen und wegtragen konnte, und ich beeilte mich das Gleiche zu tun. Ich suchte mir also ein paar schöne ABC-Bücher und ähnlich pädagogisch wertvolle Lektüre aus, packte sie in meinen Schulranzen und verließ völlig unbehelligt die literarische Stätte, überzeugt von der Richtigkeit meines Tuns. Es kam mir ja gar nicht so sehr auf die Bücher an, sondern auf den einen, den göttlichen Augenblick des Schenkens, als ich zu Hause in der Küche meinen Ranzen öffnete und überlegen-kühl ankündigte: "Woll'n wir mal schauen, was ich mitgebracht habe..."

   Die eher unfrohe Reaktion meiner Mutter befremdete mich doch ziemlich - ich hatte mehr Beifall und Dankesbezeugungen erwartet... Mutti hat die Sache dann am nächsten Tag in Ordnung gebracht, indem sie die nicht ganz redlich erworbenen Bücher wieder zurücktrug. Und größeren Ärger gab's nicht - schließlich waren die Mosers ja alte Freunde der Familie, aber vermutlich haben sie wegen meiner kriminellen Aktivitäten die Beziehungen zu unserer Familie doch einer gründlichen Prüfung unterzogen ...


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     Einmal, während Detlev auf dem Topf saß, philosophierte er:  „Gell, im Himmel ist es schön? Und wenn du stirbst, dann wirst du ein Engel? Und im Himmel sind viele schöne Spielsachen. Ich möchte gerne im Himmel sein..."
Ich meinte dann, er solle doch noch ein wenig bei uns bleiben, darauf schloss er: „Wir kommen ja dann sowieso alle hin, wenn wir tot sind. Du und ich und alle andern Leute!"

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    Philosophie auf dem Nachttopf - vielleicht hat mir deshalb später, in einer unbewussten Erinnerung, das Gedicht "Die verkehrte Welt" so gut gefallen? Klar, der Wagen, der blitzesschnelle langsam durch die volksbelebten menschenleeren Gassen fuhr, hatte ohnehin schon seinen unleugbaren Reiz, aber das Größte war doch die literaturgeschichtliche Einordnung am Schluss:

                                "Dies Gedicht, das stammt von Goethe,
                                          Als er in der Morgenröte
                                          Sinnend auf dem Nachttopf saß
                                          Und verfaulte Äpfel aß..."


      (Ich habe hier die unschöne und meiner Meinung nach historisch nicht zu rechtfertigende Version "fraß" durch "aß" ersetzt - Goethe fraß selbstverständlich nicht, auch nicht auf dem Nachttopf, dafür war er viel zu edel...)

     
Sinnend auf dem Nachttopf - ein schönes, ein plastisches, ein durch und durch poetisches Bild. Freilich, damals wurden die Wanderungen im Garten der Philosophie noch durch störende Alltagsfragen wie "Na, hast du schon was gemacht?" jäh unterbrochen - bis auf die Tage, an denen wir bei Tante Bertl zu Besuch waren.

     Tante Bertl
, die Moll Berta in traditioneller österreichischer Wortfolge, war gar keine Tante, sondern eine Jugendfreundin meiner Oma, aber damals wurden ja alle Bekannten der Eltern "Onkel" oder "Tante" genannt, wenn es sich nicht gerade um den Gerichtsvollzieher oder den Geldbriefträger handelte. (Letzterer kam nie und hatte deshalb eh keine Chance, Onkel genannt zu werden.) Tante Bertl also hieß so, weil der Name „Tante Bertha“ schon durch die richtige Tante besetzt war - von ihr wird noch die Rede sein. (Um die Spannung nicht unerträglich werden zu lassen, will ich hier eines schon vorwegnehmen: Tante Bertha, pensionierte Oberstudienrätin für Biologie, mit einer tiefen Liebe für Blumen und einem ebenso tiefen Abscheu gegen die gemeine Haustaube ausgestattet, hatte beschlossen, mit mir zusammen in die Wüste Kalahari auszuwandern und dort aus einem Schokolade-Nachttopf Himbeersaft zu trinken.)

     Um die komplizierte geistige Operation der Unterscheidung dieser beiden Tanten etwas zu erleichtern, gab uns Tante Bertl eine Merkhilfe: Omas Schwester ist Tante Berta-AA, Omas Freundin ist Tante Bertl-Lulu („Lulu“ ist die Tiroler Variante für „Pipi“) - mit Hilfe der unterschiedlichen Füllungen des Nachttopfs also wurden die beiden Tanten auseinander gehalten, was einem zu denken geben sollte und ein Hinweis darauf ist, dass die sträfliche Vernachlässigung der menschlichen Stoffwechselprodukte in der Literatur nicht zu rechtfertigen ist. (Ich habe mich später, als ich nachts unter der Bettdecke Karl May las, immer gefragt, ob Old Shatterhand und Winnetou oder Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar auf ihren tagelangen Ritten nie zur Toilette mussten. Und diese beklagenswerte Informationslücke zieht sich wie ein - wie auch immer gefärbter - Faden durch die Literatur: Faust muss nicht einmal in der langen Geschichte pinkeln, Franz Moor, der es sonst gar nicht mit der Moral hat, auch nicht, Hans Castorp nimmt auf dem Zauberberg reichliche Mahlzeiten zu sich, ohne dass man etwas über den Toilettengang erführe, und erst Heinrich Böll nimmt sich der Sache an und beschäftigt sich in angemessener Weise mit dem menschlichen Stoffwechsel: Im „Gruppenbild mit Dame“ sinniert er über den endokrinen Haushalt einer gewissen Margret, bei der er es grundsätzlich für möglich hält, dass plötzlich statt Tränen Urin aus ihren Augen käme. Im gleichen Roman schreibt er seiner Heldin Leni sodann die bemerkenswerte Fähigkeit des papierlosen Scheißens zu, denn - so die Lehre der Internatsschwester Rahel, die aus den Exkrementen die Ergebnisse einer Klassenarbeit vorauszusagen vermag - der gesunde und intelligente Mensch kann diese Verrichtung ohne einen Fetzen Papier vollziehen. In Schweden schließlich, erfahren wir von Henning Mankell, treten Kommissare schon mal vor die Tür und pinkeln in den Hof. Ob Tante Bertls Tochter deshalb nach Stockholm heiratete?)


    Ich merke, ich schweife doch erheblich ab, deshalb zurück zu Tante Bertl “Lulu“ und ihrem Nachttopf: Auf diesen nämlich setzte man mich, wenn die Tante besucht wurde, und da konnte ich sinnend die Zeit verbringen: Niemand fragte mich nach dem Ergebnis - nicht des Sinnens, sondern des Drückens - denn es bestand die Übereinkunft, dass ich ein Glöckchen betätigte, sobald das Erwünschte vollbracht und der Nachttopf gefüllt war.

      (Warnung: Der folgende Abschnitt ist nach all meinen Erfahrungen ein reines Männerthema – Frauen nähern sich ihm gewöhnlich höchstens mit allen Anzeichen äußersten Abscheus. Seelisch nicht gefestigte weibliche Leser sollten deshalb die nächsten Seiten nur überfliegen oder ganz auslassen. Es geht, kurz gesagt, um den Nachttopf, genauer: um seine Füllung und all die medizinischen, biologischen, ernährungswissenschaftlichen, ästhetischen, olfaktorischen, wirtschaftlichen und physikalischen Probleme, die damit zusammenhängen. Frauen mögen dieses Thema nicht, dagegen hat schon mein Opa immer dann, wenn ihm ein besonders eindrucksvolles Geschäft gelungen war, die Familie zur Besichtigung eingeladen, wenn auch mit eher geringer  Resonanz.

      Keiner aber konnte damals ahnen, dass die Füllung eines Nacht- oder vielmehr eines Toilettentopfs 60 Jahre später weit über den engen Familienkreis hinaus heftige Wellen schlagen sollte – was ich jetzt nur metaphorisch verstanden wissen möchte, auch wenn ganz unmetaphorische Wellen durchaus eine Rolle spielten in jener leidenschaftlichen Diskussion, die im Internetforum eines Anbieters von Sanitärdienstleistungen geführt wurde, mit einer Inbrunst, die man sich gelegentlich doch auch für andere bewegende Themen wie Krieg und Frieden, die Ent-Ratzifizierung des Papsttums oder die Bekämpfung der Fettsucht amerikanischer McDonald’s-Kinder gewünscht hätte.

      Da schrieb also ein Mensch, der sich, sagen wir mal, Kaspar H. nannte – er hätte auch Helmut K. oder Cenerentola oder Kleiner Spinner heißen können, denn es war einfach ein so genannter Nick, ein anonymer Diskussionsname - da schrieb also dieser Kaspar H. in der wunderbar griffigen Sprache der Ruhrpottmenschen etwa das Folgende: Er sei momentan gerade das Bad am renovieren und wolle in diesem Zuge auch alle Sanitärobjekte erneuern. Nun sei ihm aber bei der Suche nach einem gleichermaßen ästhetisch befriedigenden wie funktional angemessenen Toilettentopf aufgefallen, dass die meisten neuen WC’s zwar alle sehr schön aussähen, aber vom Durchflussquerschnitt her sehr eng bemessen seien – und dies sei ein nicht unerhebliches Problem, weil nämlich in seiner Familie „alle ziemlich große Haufen scheißen“. Das alte WC, ein Flachspüler von Villeroy & Boch, habe eine wesentlich größere Abflussöffnung gehabt, und selbst da habe es manchmal Probleme gegeben, weil die Haufen „nicht vernünftig durchrutschten.“ Ohne die Frage zu beantworten, was das Rutschen eines „Haufens“ durch einen Abfluss mit angemessenem Durchflussquerschnitt mit Vernunft zu tun haben könnte, schloss Kaspar H. die Bitte an, ihm doch mitzuteilen, bei welchen WC-Herstellern die Durchflussöffnung besonders groß ausgeführt sei. Nun hat der Fragende, der Suchende sicher nicht, wie seine Formulierung nahe legen könnte, wissen wollen, wie breit die Durchflussöffnung der einzelnen Hersteller ist, sondern eher, wie es in dieser Hinsicht bei seinen Produkten aussieht, doch soll dieser Mangel an innerer Logik angesichts der Brisanz des Themas um der sprachlichen Korrektheit willen zwar angemerkt, aber nicht weiter verfolgt werden.

      Jedenfalls – und ich schwöre es, so wahr Bayern München auch in den nächsten Jahrzehnten Deutscher Fußballmeister werden wird -, ist all dies keine Satire, sondern deutsche Wirklichkeit des Jahres 2005. Die redlich gemeinte Anfrage des „King-Kong-Scheißers“ (Definition: Erzeugt einen Haufen, der so groß ist, dass er sich weigert, in der Kanalisation zu verschwinden, bevor du ihn in kleinere Brocken zerlegt hast; passiert überall, nur nicht auf dem eigenen Klo und vorzugsweise dann, wenn keine Bürste da und das Papier gerade zu Ende gegangen ist) - diese Anfrage also hat im weltweiten Netz ein fäkalisches Erdbeben ausgelöst. Waren in dem Sanitärforum bis dahin eher Fragen wie „Glauben Sie, dass sich Steckfittings wegen der Montageschnelligkeit durchsetzen werden?“ oder „Wo bekomme ich Abdeckkappen f. Grohtherm 3000 - 02490P0M - mattchrom?“ mit der gebotenen Sachlichkeit und nüchternem Ernst erörtert worden, so wurden die Gespräche über die Größe der im Toilettentopf hinterlegten Haufen zum Medienereignis.

      MaxMexMix, ein kompetenter Diskutant, verwies mit Recht darauf, dass die EU alles regle - nicht nur den Krümmungsgrad von Bananen, sondern auch die lichte Höhe eines Abflussrohrs – nebenbei: „Lichte Höhen“ heißt zwar auch ein Werk von Karl May, das ich im Gegensatz zu den Romanen um Winnetou und Kara Ben Nemsi nicht gelesen habe, das aber gleichwohl in diesem Zusammenhang ganz sicher nichts, aber auch gar nichts zu suchen hat und deshalb auch sofort wieder vergessen wird.

      MaxMexMix fährt dann, nachdem er seinen ersten Lachanfall mit Hilfe von Aspirin überwunden hat, erläuternd fort: „Um dich zu beruhigen:“ - in diesen Internetforen duzt man sich gewöhnlich, auch wenn man sich gar nicht kennt – „Alle europäischen Toiletten sind bauartgeprüft und müssen den so genannten "Normschiss" (ja, den gibt’s wirklich) durchlassen ... ( 2. Lachanfall) Die Größe des Durchlasses hat nicht unbedingt mit der Spülleistung zu tun, diese kann sogar besser sein, wenn die Dimension etwas geringer ist, es sei denn, deine großen Haufen wären von einer so massiven Konsistenz, dass eine eine eine eine  - finaler Lachanfall, kann nicht mehr sorry gacker kreisch“

     Die Stichworte "Konsistenz" „Häufigkeit“ oder noch besser „Groß-Häufigkeit“ sind, nach ein paar gut gemeinten praktischen Ratschlägen wie der Aufforderung zu einem vermehrten Verzehr von Sauerkraut oder der Rückkehr zum guten alten Plumpsklo, von den weiteren Diskutanten mit großer Freude und Dankbarkeit aufgenommen worden und haben offenbar eine Lawine von Fantasien losgetreten - so wird beispielsweise der „Zementblockschiss“ ausführlich erörtert (Definition: Kurz nach dem Beginn wünschst du dir, du hättest eine örtliche Betäubung bekommen) - und zu einer weiteren Verzweigung der Diskussion geführt, in deren Verlauf mit Recht auf das Volumen der Toilettenschüssel als einen nicht zu vernachlässigenden Paramter hingewiesen wird («Wenn du, wie du sagtest, einen Flachspüler von V&B hast, stelle ich mir gerade vor, wie das Wasser beim Spülen gegen diesen Fels brandet.Da heißt es aber Deckel zu und zurücktreten...»)


      Als völlig überraschende Lösung wird nun von einem offenbar mit globalen Kloerfahrungen gesegneten Diskussionsteilnehmer der voluminöse „Dagobert Wooden Toilet Throne in Solid Ash“ mit einem „vollständigen Set von Accessoires“ vorgeschlagen. Es handelt sich hierbei um ein von der Firma Herbeau.com (welche dafür gesegnet sei!) vertriebenes Luxusmodell eines Toilettenthrons, dessen hölzerne, hoch aufragende Rückenlehne mit einem Aufsatz in der Form einer geschweiften Klammer abschließt, aus deren Mitte eine Spitze im Stil russischer Zwiebeltürme emporragt. Die rechte Schulter der Lehne trägt eine Kerze auf einem schmiedeeisernen Gestell. Von einem Haken links oben  hängt eine Kette herab, an deren unterem Ende ein schön geschwungener weißer Porzellanknopf zum Ziehen einlädt. Da ein Anschluss an eine Wasserleitung oder einen Spülkasten nirgends erkennbar und wohl auch nicht vorgesehen ist, muss es sich bei Kette und Porzellanknopf offenbar um eine Signalvorrichtung handeln, dazu bestimmt, einen dienstbaren Geist zu rufen, der die Hinterlassenschaft unverzüglich zu entsorgen hat.

      Ein Schauder fasst mich an – da weht Geschichte: Sah so der Topf bei Tante Bertl aus? Saß ich etwa auf einem hölzernen Dagobert-Thron, bereit zum Ziehen des Glöckchens nach vollendetem Geschäft?

      Der Dagobert jedenfalls ist mit Email-Platten geschmückt (vielleicht sollte ich im Interesse möglicher jüngerer Leser, die nicht mehr wissen, was Email ist und deshalb E-Mail lesen und nichts verstehen, von emaillierten Platten sprechen – das verstehen sie zwar auch nicht, aber zumindest verwechseln sie’s dann nicht mit elektronischer Post...). Den Klotopf selbst werten aufgemalte Blumenmotive ästhetisch enorm auf, und vor neugierigen Blicken von oben ist er durch einen hölzernen Deckel geschützt – ganz so wie der, den wir beim Stern-Bauern in Mils auf unserem Plumpsklo hatten, in das mich die Oma einmal versehentlich eingesperrt hat – aber das ist eine andere Geschichte.

      Der Dagobert wiederum hat den Diskutanten MaxMexMix, der sich das Aspirin inzwischen intravenös spritzt, noch zu dem Satz animiert: „Das ist was für den Papst. Kann er beim Sch... noch ’ne Audienz geben.“ Anschließend zieht der eine neue Spritze auf und verdoppelt die Dosis, weil die Gespräche nun immer konkreter werden: Nachdem Kaspar H. sein Anliegen noch einmal präzisiert hat – „Es geht nicht um den Durchmesser der Haufen, sondern eher um deren Volumen/Masse. Einlagen von 2-3 kg sind bei uns keine Seltenheit!“ – treten die Mathematiker, Physiker und Biologen auf den Plan und zweifeln die angegebene Menge an („Bei allem Ernst, aber es ist wohl einem Menschen nicht möglich, Haufen mit 2 bis 3 kg zu schei...!“), während andere um Gnade winseln und zu Recht auf entstehenden volkswirtschaftlichen Schaden hinweisen («AUFHÖREN! BITTE! WIR KÖNNEN NICHT MEHR! Hier liegt schon ne ganze Abteilung flach!») .

      MaxMexMix, inzwischen auf Tetra-Hydro-Cannabinol in 9-facher Konzentration umgestiegen, greift zu Mitteln der Veranschaulichung («3 Kilo? Das sind, um es mal anschaulich darzustellen, 6 Pfund Hackfleisch. Die lass dir mal abpacken und guck dir den Haufen an!!! Ich würde mit keine Gedanken um den Abfluss, sondern um das Fassungsvermögen der Schüssel machen. Ich weiß nicht, welche Traditionen bei euch gepflegt werden, aber vielleicht sollte man den monatlichen Klogang ja auf viele einzelne Sitzungen verteilen. Ne, mal ehrlich, kein gesunder Mensch kackt 3 Kilo. Und dann gleich die ganze Familie? Oder wart mal, geht ihr nacheinander und spült zum Schluss?»).

     Diskutant Flux-und-Reflux will der Sache ganz auf den Grund gehen und bittet um Angabe der spezifischen Dichte von Fäkalien, um eine Volumenberechnung durchführen zu können, die schließlich ungefähr so aussieht: «Gewogen hab ich noch keinen Haufen, eher rechnerisch ermittelt. Hab mich vorher auf die Waage gestellt: Stolze 115,4Kg, nach dem Geschäft waren es noch 113,6Kg. Das macht, wenn man mal vernachlässigt, was ich in den 20 Minuten rausgeschwitzt hab, nach Adam Riese 1,8 Kilo.»

     
Mit der Dichte als neuem Parameter ergibt das schließlich folgendes erschreckendes Ergebnis:

«Dichte = 1, mal sehen:
3000g entsprechen 3000qcm.
1 Zoll-Rohr r*r*Pi * h = 3000
r = 1,27
h = 600cm (?) - Eine 6-Meter-Wurst? Oder habe ich mich verrechnet?»


     Angesichts der Möglichkeit einer solchen Wurst gebe ich auf, nicht ohne noch eben aus den Augenwinkeln gesehen zu haben, dass Diskutant MaxMexMix soeben ins Lachkoma gefallen ist...

      Mein Gott! Welche Assoziationskette, welches gedankliche Chaos ist da aus dem Stichwort „Nachttopf“ erwachsen! Wie soll ich so, noch aufgewühlt von der Vorstellung der Sechs-Meter-Wurst, wieder in die stille, beschauliche Welt von Tante Bertl und ihrem Glöckchen zurückfinden?

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