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Endstation Amerika?

Peter Nowak   21.04.2004

Die von Politikern und Funktionären nichtstaatlicher Organisationen getragene "Duisburger Erklärung" setzt politische Akzente und sieht die USA als Problem für Europa

Nicht etwa eine Veranstaltung von Friedensbewegten oder Globalisierungsgegnern, sondern das zum 28. Mal statt- findende und somit gut etablierte Kulturfest "Duisburger Akzente" [1] stellt in diesem Jahr die provokative Frage "Endstation Amerika?". Schon im Vorfeld gab es deshalb Streit.

Die bis zum 15. Mai dauernde Veranstaltung sorgte schon lange vor ihrem Beginn für Unfrieden. Anlass ist die sogenannte "Duisburger Erklärung", die in Privatinitiative von Politikern und Funktionären nichtstaatlicher Organisationen unter dem Titel
"Traum und Albtraum Amerikas - Die USA als Problem für Europa" veröffentlicht [2] wurde. Vorsorglich ist ihr im Internet
eine Klarstellung vorangestellt:

"Die Erklärung wurde initiiert von Duisburger Bürgern. Für den Inhalt verantwortlich sind die im Anhang aufgeführten Unterzeichner/-innen. Es handelt sich dabei nicht um die offizielle Meinung der Stadt Duisburg".

Die Erklärung wird nicht nur in Duisburg in den nächsten Wochen für reichlich Diskussionsstoff sorgen. Ihre Verfasser fordern eine Neuorientierung Europas gegenüber den USA jenseits der "Juniorpartnerschaft" als das eine oder einer totalen Abkoppelung als
das andere Extrem. Allerdings soll ein erstarkendes Europa die USA nicht einfach imitieren, sondern zu "einem nichtmilitärischen Gegengewicht zu den Vereinigten Staaten werden, das dem Frieden und der nachhaltigen und menschen- würdigen Entwicklung
von Wirtschaft und Gesellschaft verpflichtet ist". Im Text werden Europa durchgehend positiv besetzte Eigenschaften wie Frieden, Zivilgesellschaft und Nachhaltigkeit zugeordnet, während die USA stets mit den Attributen brutaler Machtpolitik belegt wird:

"Der amerikanische Traum ist verblasst. Durch die beispiellose Machtfülle der USA und ihre zunehmend rücksichtslose Anwendung hat sich auch unser Verhältnis zu Amerika zu einem Schlüsselproblem entwickelt"

Den Vereinigten Staaten wird ein "rabiater Unilaterismus" bescheinigt. Dadurch ist der Text offen für verschiedene Visionen eines künftigen Europas - das zivile Europa, wie es während des Irakkriegs im letzten Jahr von der Antikriegsbewegung verschiedener europäischer Staaten, aber auch von Intellektuellen wie Derrida und Habermas [3] formuliert wurde ( Vision reloaded: Das spät aufgeklärte Europa der Philosophen), oder aber ein europäischer Machtblock, der gegen die USA konkurrieren will.

Diese unterschiedlichen Europavisionen drücken sich auch im Spektrum der Unterzeichner der Duisburger Erklärung aus. Dazu
gehören unter anderem die Bundesgeschäftsführerin von Bündnis 90/Die Grünen Steffi Lemke [4], der grüne Bundestagsabge- ordnete Winfried Nachtweih, aber auch die ehemalige FDP-Ministerin Irmgard Schwätzer [5].

Zahlreich sind auch die Vertreter nichtstaatlicher Organisationen vertreten: Burkhard Könitzer, der Geschäftsführer der Stiftung
Entwicklung und Frieden ( SEF [6]), gehört ebenso dazu wie Franz Nuscheler vom Institut für Entwicklung und Frieden ( INEF
[7]) sowie Peter Wahl von Attac [8]. Auch der Politologe Ludwig Watzal [9] hat sich angeschlossen, der erst kürzlich ein Buch,
das zum Antiamerikanismus aufruft [10], in höchsten Tönen gelobt [11] hat. Zumindest Watzal hat die Abgrenzung zum Anti- amerikanismus in der Duisburger Erklärung also nicht besonders ernst genommen.

Eröffnet wird die Kulturveranstaltung am 24. April mit einem Vortrag der Trägerin des Friedenspreises des Deutschen Buchhan-
dels,
Susan Sontag [12]. Die erklärte Bush-Kritikerin hatte sich schon kurz nach den Anschlägen vom 11. September 2001 nicht
nur heftige Angriffe von Konservativen in den USA, sondern auch Schelte der hiesigen Linken zugezogen.

Links

[1] http://www.duisburger-akzente.de
[2] http://www.vhs-duisburg.de/account/htmpages/akzente04/duisburg-erklaerung.htm
[3] http://www.faz.net/s/Rub117C535CDF414415BB243B181B8B60AE/Doc~ECBE3F8FCE2D049AE808A3C8DBD3B2763
~ATpl~Ecommon~Scontent.html

[4] http://www.steffi-lemke.de
[5] http://de.wikipedia.org/wiki/Irmgard_Adam-Schwaetzer
[6] http://www.berghof-center.org/deutsch/publikationen/ngo_directory/inhalt/sef.htm
[7] http://www.berghof-center.org/deutsch/publikationen/ngo_directory/inhalt/inef.htm
[8] http://www.attac.de
[9] http://www.watzal.com
[10] http://www.antikriegsforum-heidelberg.de/aktionen/va_ami_go_home_langhaler.html
[11] http://www.freitag.de/2004/10/04101402.php
[12] http://www.mdr.de/kultur/772551-hintergrund-975428.html

Telepolis Artikel-URL: http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/konf/17243/1.html


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