Im
Gegensatz zu Negerlein, Mohren oder Eskimos gibt es mit Cowboys ja kein
Problem: Cowboys sind politisch korrekt, die Amerikaner haben gar
nichts
dagegen, wenn man sie seit dem Regierungsantritt von George Bush
spottend so
nennt, weil sie finden, dass das überhaupt keine Beleidigung ist,
auch wenn die
alten Europäer, die Koalition der „weasels“, die feigen Deutschen
und
Franzosen, das so meinen. Diese arroganten
Europäer, die sich so viel auf ihre Bildung einbildeten,
behaupteten, die
Cowboys hätten das Land geplündert, seien rücksichtslos
über die Nachbarn hergefallen
und hätten bedenkenlos auf alles, was sich ihnen in den Weg
stellte,
geschossen, und das habe manchen Amerikaner beschämt den Kopf
sinken lassen.
Aber das sei falsch: Der Cowboy nämlich sei der homerische
Archetyp einer stolzen
Nation und sein Geist habe sich über die großen Ebenen des
Mittleren Westens
verbreitet bis hin zu den Westlichen Gebirgen und den Grenzen Alaskas.
Der
Cowboy stehe für Recht und Ordnung, für Freiheit und
Gerechtigkeit, für
Frieden, und wenn geschossen werden müsse, dann werde eben
geschossen. Und in
diesem Geist hätten die USA mehr dafür getan, aus diesem
Planeten eine
lebenswerte Welt zu machen, als zehn beliebige andere Nationen
zusammen. Das sagt
John Hawkins auf der Internetseite „rightwingnews.com“, und fügt
hinzu, Amerika
sei nicht nur das Kronjuwel der westlichen Zivilisation, sondern
überhaupt das
Beste, was diesem Planeten jemals widerfahren sei -
we are the best thing that has ever happened
to this planet.
Und weil das so ist und der gute
Amerikaner ein
verbrieftes Recht darauf hat, eine Schusswaffe zu besitzen und zu
benutzen, hat
der Senat auch beschlossen, dass Menschen, die selbst oder deren
Angehörige
Opfer von Schusswaffen wurden, nicht mehr gegen
die Waffenhersteller klagen
dürfen. Den „politisch motivierten räuberischen Klagen“ werde
so nun ein Ende
bereitet. Und der Floridaner darf nun mit dem Segen des Staates von
seiner
Schusswaffe Gebrauch machen, sobald er sich bedroht fühlt.
Nein,
der Cowboy ist keine zu schützende Minderheit, durch die
Jahrzehnte wurde er besungen,
gerade auch bei uns, die wir an der freien Welt und den unendlichen
Weiten des Marlboro-Westens
teilhaben wollten. Deshalb durfte
Hans-Jürgen Bäumler natürlich singen „Wenn Cowboys
träumen“, durfte Gitte
verlangen: „Ich will ’nen Cowboy als Mann!“, war der Cowboy Nummer 1
unter
jungmännlichen Karnevalskostümen und erfolgreicher
Werbeträger für eine
Zigarette, die den Duft von Freiheit und Abenteuer suggerierte.
Aber da waren andere, die auch
besungen wurden – die
Zigeuner etwa,
schon seit Operettenzeiten Ikonen einer schwermütigen Romantik
oder eines von
irgendwelchen Zwängen und fiskalischen Abgaben freien Lebens:
„Lustig ist das
Zigeunerleben, brauchst dem Kaiser kein’ Zins zu geben…“
Nein, lustig war das
Zigeunerleben meistens wohl nicht,
vor allem nicht
in den dunkelsten Jahren unserer Geschichte, aber was ist besser
geworden
dadurch, dass man jetzt Sinti oder Roma sagen muss und normalerweise
gar nicht
weiß, welche Bezeichnung die richtige ist und ein Rassist oder
Faschist ist,
wenn man „Zigeuner“ sagt? Wenn Alexandra mit rauchiger Stimme dem
„Zigeunerjungen“ nachweinte, der mitsamt seinem Wagen verschwunden war,
dann
hat sie eine mythische Figur gemeint und keinesfalls einen wirklichen
Menschen,
so einen wie Szrecko womöglich, den Zwölfjährigen, der
schon 163 Straftaten auf
seinem Konto hat und dessen kriminelle
Karriere im hoffnungsvollen Alter von zehn Jahren
begann. Er war nie auf einer Schule, kann weder
lesen noch
schreiben und lebt mit seiner Familie in einem Wohnwagen. Von
dort fährt
er auch zu seinen „Einsatzorten“. Der Sinti-Gruppe entstamme dieser
König der
Klau-Kinder, weiß die Zeitung mit den großen Buchstaben zu
berichten, seine
Eltern schicken ihn auf Klau-Tour durch ganz Deutschland.
"In
der Berichterstattung über Straftaten wird die Zugehörigkeit
der Verdächtigen
oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen
Minderheiten nur dann
erwähnt, wenn für das Verständnis des berichteten
Vorgangs ein begründbarer
Sachbezug besteht“, verlangt der Ehrenkodex des Deutschen Presserats in
Ziffer
12.1. Besonders sei zu beachten, „dass die Erwähnung Vorurteile
gegenüber
schutzbedürftigen Gruppen schüren könnte.“
Nun findet das
genannte Presseorgan aber, dass der Leser ein Anrecht
darauf habe zu wissen, vor wem genau er auf der Hut sein müsse,
und erklärt in
politisch korrekter Formulierung hart neben dem Ehrenkodex, dass es
sich bei
Szrecko um einen Sinti handle – den Rest erledigt der zuverlässig
in Gang
gesetzte Vorurteilsapparat des Lesers. Ein Sinti ist er? Na also, ein
Zigeuner
eben – das weiß inzwischen jeder und deshalb ändert sich
überhaupt nichts
daran, dass man die Namen ausgetauscht hat, denn das Kollektivurteil
ist
geblieben. Früher einmal hat man aus der Putzfrau eine
Raumpflegerin gemacht
und später sogar eine Parkettkosmetikerin (das war aber dann doch
wohl
satirisch gemeint), weil man dachte, „Putzfrau“ sei diskriminierend. Warum?
Was ist diskriminierend an der Putzfrau? Dass sie putzt? (Etwas,
was für jede ordentliche schwäbische
Frau der Lebensinhalt ist?) Dass sie eine Frau ist? – Heute sagt man
wieder
Putzfrau oder Reinigungsfrau und wenn man politisch ganz korrekt sein
will,
weil auch Männer manchmal putzen, sagt man Reinigungskraft und
geändert hat
sich nichts. Auch der „Lehrling“ war auf einmal nicht mehr angesagt,
vielleicht, weil man keine weibliche Form davon bilden konnte, und so
wurde der
schreckliche Auszubildende und in seiner Kurzform noch schrecklichere
Azubi geschaffen,
der den Vorteil hatte, dass man auch ein „die“ davor setzen konnte, was
beide aber
nicht davor bewahrte, Kaffee zu kochen, Bier zu holen und vor
Feierabend Büro
und Werkstatt auszufegen.
Weil die Leute nicht mehr
von „Schwachsinnigen“ oder
„Krüppeln“ reden
sollten, erfand man die „Behinderten“ – eine gut gemeinte Umbenennung,
deren
wesentlichstes Ergebnis ein neuer Sprachgebrauch auf Schulhöfen
war: Da heißt
es jetzt nicht mehr „du bist blöd“ oder „Du bist bescheuert,
bekloppt, deppert“
oder wie die entsprechende Beschimpfung regional sonst noch lauten mag,
sondern: „Du bist behindert!“ (manchmal auch „Das ist ja behindert!“,
was eine
schmerzhafte Unfähigkeit zu logischem Denken offenbart.) Dem
Behinderten nützt
die Umbenennung indessen gar nichts, wenn der für ihn reservierte
Parkplatz
trotzdem zugeparkt wird. (Die Franzosen haben übrigens für
diesen Fall einen
Satz gefunden, der den einen oder anderen rücksichtslosen Parker
vielleicht
doch zum Nachdenken bringt: «Vous qui prenez ma place, prenez
aussi mon
handicap.» Wenn Sie mir schon meinen Platz nehmen, nehmen Sie
sich doch auch
meine Behinderung.)
NegerMohrenZigeunerSchwachsinnigeEskimosKanakenKrüppelSchwule
– black is
beautiful wir sind die Ruhrpottkanaken ich bin schwul und das ist gut
so mein
Freund sagt immer ich bin seine wilde Zigeunerin. Sprache schafft
Bewusstein,
aber eine Putzfrau bleibt eine Frau, die putzt, auch wenn sie
Raumpflegerin
heißt, und ein Facility Manager ist trotzdem ein Hausmeister und
ein
Entsorgungsfacharbeiter ist trotzdem ein Müllmann und wenn er
freundlich war,
bekommt er Silvester ein Trinkgeld, egal, wie er sich nennt, und die
zehn
kleinen Negerlein bleiben zehn kleine Negerlein und Gerald Asamoah ist
deutscher Nationalspieler mit ziemlich dunkler Haut und das muss man
sagen
dürfen, wenn es darum geht ihn auf dem Platz zu erkennen und sonst
ist es
völlig egal, weil es nur darauf ankommt, ob er Fußball
spielen kann. Und wer
immer noch ruft „Husch, husch, husch, Neger in den Busch!“ und Bananen
auf
Oliver Kahn wirft, ist ein schwachsinniger Rassist. Mit der
Ächtung der Wörter
allein ist es nicht getan.
Und das Lied heißt
weiterhin „Zehn kleine
Negerlein“, hol’s der Teufel!
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