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DerWesten - 31.03.2009
Interview

Samy Deluxe: Der Rapper der Nation

31.03.2009, Olaf Neumann
Essen. Samy Deluxe alias Samy Sorge ist einer der erfolgreichsten deutschen Rapper. Von seiner neuen Beziehung
zu Deutschland erzählt der 31-Jährige auf seinem Album "Dis wo ich herkomm" und im gleichnamigen Buch, das im
Sommer erscheint. Ein Gespräch mit dem Sohn einer Deutschen und eines Sudanesen

Samy, Ihr Leben ohne leiblichen Vater spielt eine bedeutende Rolle in Ihren Texten. Sie selbst leben getrennt 
von der Mutter Ihres Sohnes Elihja Malik. Versuchen Sie, es besser zu machen?

Deluxe: Ich lebe ja in derselben Stadt wie mein Sohn. Das sind völlig andere Voraussetzungen. Mein Vater ist damals 
auf einen anderen Kontinent gegangen. Daraus habe ich viel gelernt, und ich würde so was nie geschehen lassen. Je 
mehr man in die Vaterrolle hineinwächst, desto bedeutender wird das Thema für einen selbst. Deshalb mache ich mir 
viele Gedanken, wie man eine langfristige Beziehung zu seinem Sohn hinkriegt.

Zusammen mit dem ehemaligen Basketballpofi Marvin Willoughby haben Sie den Verein „Crossover” gegründet. 
Was ist dessen Aufgabe?

Deluxe: In den letzten Jahren habe ich großen Spaß daran gefunden, mich zu engagieren, zum Beispiel für die Aids-Hilfe. 
Damit ich flexibler bin und nicht nur die Ideen anderer umsetzen muss, habe ich meinen eigenen Verein gegründet. Wir
machen mit „Crossover” Integrationsworkshops in Schulen, setzen Projekte und Ideen um. (Fängt an zu rappen:) „Dieses 
Land hat mir etwas gegeben / Jetzt will ich etwas zurückgeben”.

Früher haben Sie über Ihren Hass gegen Deutschland gerappt. Heute vermissen Sie Nationalstolz bei den 
Deutschen. Wie ist es zu diesem differenzierteren Bild von der Bundesrepublik gekommen?

Deluxe: Je öfter ich in Amerika war, desto cooler fand ich diesen Nationalstolz. In Brooklyn traf ich Schwarze, die wirklich 
Opfer des Systems waren. Aber selbst die bezeichnen Amerika noch als das großartigste Land der Welt. Sie tragen sogar 
noch ihren bescheidenen Teil dazu bei und machen nicht den Staat für ihr Elend verantwortlich. Das war für mich ein Anstoß, 
mal zu gucken, ob Deutschland wirklich so ein Scheißland ist.

Die Bundesregierung hat dazu aufgerufen, verstärkt die besonderen Qualifikationen und Stärken von Migranten in 
den Blick zu nehmen. Zielt Ihre Arbeit in diese Richtung?

Deluxe: Ich bin zwar ein dunkelhäutiger Rapper, aber unser Verein setzt sich nicht nur für Migranten und Ausländer ein. 
Oberflächlich kann ich mich in viele Leute hineinversetzen. In manchen Vierteln mit extrem hohen Ausländeranteilen haben es 
Deutsche genauso schwer wie Ausländer generell in unserer Gesellschaft.

Der Popstar als leuchtendes Vorbild für die verirrten Kids, die oft unreflektiert negative Einflüsse übernehmen – 
funktioniert das?

Deluxe: Man kann nicht die ganze Welt retten, aber ich fühle mich immer gut, wenn ich in Schulen gehe. Irgendwas nehmen 
die Kids davon mit. Im besten Falle geben sie diese Erfahrung weiter. Ich merke, dass sie sich freuen, wenn man sich Zeit für 
sie nimmt. Außerdem lernen sich die Kids untereinander kennen. Dabei passiert oft Interessantes. Ich mache mich für sie nicht
zum Hampelmann, sondern erzähle einfach aus meinem Leben.

Gangster-Rapper stehen im Verruf, in Kinderköpfen Schäden anzurichten – zu Recht? Teenager singen und leben 
deren Texte teilweise nach...

Deluxe: In den Medien wird es oft so dargestellt, als würde Hip-Hop die Mittelschichtkinder auf die Straße treiben. In 
Wirklichkeit ist es aber so, dass viele Rapper glauben, sich gerade durch harte Straßenstorys legitimieren zu müssen. Ich 
bin aber gegen Zensur.

Sind die schwulen- und frauenfeindlichen Texte mancher Rapper nur Dumme-Jungen-Streiche oder echter Hass?

Deluxe: Das, was als frauen- und schwulenfeindlich abgestempelt wird, ist meist nicht ernst gemeint. Auch diese Rapper 
haben Freundinnen, die sie lieben. Ich selbst bin total cool mit Schwulen. Ich kenne auch Schwule, die sich selbst 
„Schwuchtel” nennen.

Hat sich unser Umgang mit Sprache verändert?

Deluxe: Ja, sogar stark. Wenn man es richtig transportiert, kann ein Wort wie „Schwuchtel” sogar einen gewissen Humor 
haben. Oft sind es die Medien, die am Negativen festhalten. In den letzten Jahren gab es auch eine Gegenbewegung, zum 
Beispiel F.R. mit „Hip-Hop braucht Abitur”. Aber dieser Aufhänger ist wahrscheinlich nicht stark genug, um in die 
Süddeutsche Zeitung zu kommen. Die berichten lieber über Bushido, wenn er mal wieder was Provokantes gesagt hat. So 
wird ein einseitiges Bild von der Hip-Hop-Kultur vermittelt.

Sie engagieren sich auch bei den Brothers Keepers, einem Zusammenschluss von afrodeutschen Künstlern, die gegen 
Rassismus und Fremdenhass kämpfen. Welche persönlichen Erfahrungen mit Fremdenhass haben Sie gemacht?

Deluxe: Gerade in Großstädten begegnet mir nur noch selten offener Rassismus. Ich müsste aber nur mit dem Auto eineinhalb 
Stunden Richtung Osten fahren. Genau zwischen den Metropolen Hamburg und Berlin wäre ich in Lebensgefahr. Mit den 
Brothers Keepers sind wir dort in die Klassen gegangen, um den Kids zu zeigen, dass es auch farbige Deutsche gibt.

Die Chance, Neonazis mit musikalischen Projekten zu bekehren, bleibt auch in Zukunft eher gering, oder?

Deluxe: Darum ging es uns auch gar nicht. Wir sind ja nicht zu Nazi-Ideologen gegangen. Da saßen bloß Neuntklässler, 
teilweise mit Glatze und Springerstiefeln. Wenn man mit ihnen redet, haben sie überhaupt keine Argumente. Gerade in solchen 
Städten ist es leichter, sich den Stärkeren zuzuordnen, um kein Opfer zu sein.