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Essener Songtage 1968
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Popgeschichte der 60-er Jahre (-2-)

Die Veränderungen in der Popmusik gingen natürlich auch an Deutschland nicht spurlos vorbei; dabei waren es gar nicht so sehr die bekannten Publikumszeitschriften wie Bravo, Musik Express oder Musik-Parade, sondern kleine Insidermagazine wie Sounds (Köln, später Hamburg 1966-83)  oder Song (Erlangen, 1966- 70), die auf  neue Entwicklungstendenzen in der Popmusik aufmerksam machten. Zu erwarten war das nicht, denn diese Magazine beschäftigten sich eigentlich mit Jazz und Folklore oder Chansons.  Dass sie sich etwa ab 1967 der Popmusik zuwandten, hängt mit der  allgemeinen Aufwertung dieser Musik zusammen - man konnte sie einfach nicht mehr übergehen. 

"Song" hatte sich Anfang der Sechziger Jahre unter dem Eindruck der Wiederbelebung der amerikanischen Folk-Musik  (Dylan, Joan Baez, Pete Seeger,  Phil Ochs) um die Erneuerung des politischen Liedes in der BRD bemüht - Ausdruck dieses Bemühens waren die ab 1964 jährlich stattfindenden, inzwischen legendär gewordenen Liederfestivals auf der Burg Waldeck im Hunsrück.

Zum Umfeld dieses Festivals zählte auch der Kölner Journalist Rolf-Ulrich Kaiser, der neben dem Essener Helmut Salzinger und Uwe Nettelbeck einer der engagiertesten und aktivsten Propagandisten der neuen Popmusik wurde. Für Kaiser, der zusammen mit Günter Kropp (damals im Essener Jugendzentrum tätig, dann bis 2003 Geschäftsführer des Essener Sportbundes) die Idee zu den Essener Songtagen 1968 entwickelte, war Popmusik mehr als bloße Unterhaltung: Er sah in ihr den Ausdruck
der politisch-sozialen und 
kulturellen Veränderungender Zeit und sich selbst in der Rolle des Verkünders. Kaiser, dessen weiterer Lebenslauf sich ab Mitte der 70er Jahre im Dunkeln verliert, publizierte zahlreiche Bücher und wurde zu einem der gefragtesten Kenner der Musikszene. Zwischen 1967 und 72 veröffentlichte er ein Dutzend Titel zu den Themen Pop und Gegenkultur. Mit "Kinder der Geburtstagspresse" gründete er 1968 auch einen eigenen Verlag, in dem u.a. das weltweit erste Buch über die "Mothers of Invention" erschien. Gleichzeitig bemühte er sich, die ursprüngliche aus den USA stammende Untergrundpresse zu verbreiten und gab mit "PoPoPo" (Pop- Politik-Pornographie) eine eigene Zeitschrift heraus.
Berühmt wurde Kaiser aber, wie oben erwähnt, als Initiator und Organisator der

Die Zeitschriften „Sounds“ und „Song“ ‚1968, entdeckten sehr früh den Markt der Popmusik. Dokumentationszentrum für Popkultur, Sammlung Uwe Husslein, Köln

Essener Songtage 1968, die "als erste und größte Manifestation des kontinental- europäischen Underground der sechziger Jahre Geschichte machten" (LV Westfalen-Lippe (Hsg.): Jugend*Protest*Kultur 1968. Münster 1999, S. 39) und neben den angesagten Pop- und Underground-Interpreten der Epoche im Nachhinein vor allem dadurch besondere Bedeutung gewonnen haben, dass sie den neuen deutschen Bands eine große öffentliche Plattform boten, die später unter den Sammelbegriffen "Krautrock" oder "Kosmische Musik" internationale Karriere machten. (Näheres auf der Seite
Rolf-Ulrich-Kaiser.html)
 
Die Song-Tage blieben leider ein singuläres Ereignis. Nach Ausschreitungen gegen den Essener Oberbürgermeister bei einem städtischen Empfang sah sich die Stadt Essen nicht mehr in der Lage, ein solches nicht-kommerzielles Festival zu unterstützen. (Für die Songtage hatte Essen die damals horrende Summe von 300.000 DM zur Verfügung gestellt.) Nachfolger wurde 1969 das Essener Pop-& Blues-Festival - eine reine Kommerzveranstaltung, mit der der ebenfalls noch sehr junge Initiator, der Student Konrad Mallison, im ersten Jahr noch Gewinn machte, das aber dann - politisch ohne jeden Anspruch - bald in der Beliebigkeit verplätscherte und einschlief.

                          s. auch die informative Seite Ausgewählte Stationen der Popmusik von Thomas Zippo Zimmermann (Saarbrücken 1995)