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MDR - Wissenschaftsmagazin Echt!
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Sendung am 17.01.2006
Stirbt die deutsche Sprache aus?

Dr. Volkhardt Germer (Oberbürgermeister von Weimar):
"Sprache ist die Visitenkarte von Menschen und Ländern. Unsere
deutsche Sprache zu pflegen und in ihrer Vielfalt zu erhalten
sollten wir alle als dankenswerte Aufgabe sehen."


Im Duden ist die deutsche Sprachwelt noch in Ordnung. Stirbt die deutsche Sprache aus? Ein Gespenst geht um in Deutschland - das Denglisch. Der Sprachmix aus Selfmade-Englisch und Deutsch ist für viele schon zur zweiten Muttersprache geworden. Vor allem junge Leute gehen ganz selbstverständlich damit um. Für ältere Menschen sind die abenteuerlichen Wortschöpfungen dagegen nicht selten "böhmische Dörfer". Viele Firmen scheinen ohne Denglisch nicht mehr auskommen zu können. So wird aus Unterwäsche "Underwear", günstige Angebote sind "Nice-Price- Offerten" und Klamotten für Kinder "Fashion for Kids", auf Bahnhöfen findet sich statt einer Information nun ein Service Point. Und selbst in Kirchen hat der Sprachsalat Einzug gehalten: Aus Weihnachtsliedern werden "x-mas songs" und aus Bibelstunden "round table meetings".

Kritisch wird es, wenn selbst Sicherheitshinweise nicht mehr in Deutsch zu finden sind, meint Professor Walter Krämer, Gründer des Vereins Deutsche Sprache e.V. :"Wenn ich in ein Taxi steige, etwa in Köln, da steht drauf: "Fasten seat belt", das müsste verboten werden. Da müsste drauf stehen: "Bitte Sicherheitsgurt anlegen". Das heißt, es gehört zu den Grundrechten in Deutschland, nicht Englisch zu können. Und dieses Grundrecht darf auch in Anspruch genommen werden."

Doch die Abschaffung der deutschen Sprache wird nicht nur von Unternehmen betrieben, sondern auch von Politikern aktiv unterstützt. Günter Oettinger, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, hält gute
Englischkenntnisse bei jedem Menschen für unerlässlich: "Ich glaube, dass jeder, egal ob er Facharbeiter an der Werkmaschine ist, ob er Geschäftsführer ist, ob er Zahlen oder Anleitungen lesen muss, dass jeder Englisch verstehen und Englisch sprechen können muss. Das wird die entscheidende kommunikative Aufgabe der nächsten Jahre sein. Deutsch bleibt die Sprache der Familie, der Freizeit, die Sprache, in der man Privates liest, aber Englisch wird die Arbeitssprache."

Für Professor Krämer ist das ein völlig falscher Ansatz. Zu meinen, man könne durch ein derartiges Anbiedern an die Amerikaner den Anschluss an die Weltspitze finden, sei kontraproduktiv. Er verweist auf andere erfolgreiche Länder wie China, Japan und Frankreich. Dort werde intern die Muttersprache benutzt. Nur bei Verhandlungen mit ausländischen Partnern würde man dort englisch sprechen. Das Aufgeben der deutschen Sprache bringt laut Krämer auch handfeste wirtschaftliche Nachteile: "Das führt dazu, dass die Leute im mittleren Management, die Techniker am Fließband, sich nicht mehr gut verstehen. Sie wissen nicht, was gemeint ist. Es gibt einen deutschen Konzern übrigens, der das konsequent anders macht, einer der wenigen großen Betriebe, die seit der Börseneuphorie im
Jahre 2000 an Wert sogar zugenommen hat: das ist Porsche. Bei Porsche wird konsequent nur Deutsch geredet, und deswegen verstehen sich die Porsche-Ingenieure. Da gibt's wenig Rückruf-Aktionen, da sitzt jede Schraube, jeder Arbeitsgang ist von allen verstanden worden. Das ist bei DaimlerChrysler nicht mehr der Fall. Indem die sich diese BSE (...)-Konzernsprache überstülpen lassen, geben sie alle Vorteile, die sie als Handwerker, als Ingenieure haben, kampflos, ersatzlos auf, und das ist ein Desaster allererster Größenordnung."

Doch bei deutschen Politikern ist der Wille, die deutsche Sprache zu erhalten, offenbar nicht sehr ausgeprägt. Wie sonst ist es zu erklären, dass sie kampflos zuließen, Deutsch als Konferenz- und Wissenschaftssprache abzuschaffen. Schließlich ist es die Sprache der zweitgrößten Sprechergemeinschaft Europas: Mehr als 100 Millionen
Menschen haben Deutsch als Muttersprache
.

Franzosen und Polen versuchen ihre Muttersprachen mit Gesetzen zu schützen. In Deutschland ist das bislang kein Thema. Doch es bewegt sich trotzdem etwas. Mittlerweile gibt es eine Initiative, den Satz "Die Landessprache ist deutsch" ins Grundgesetz zu bringen. Und: Der Verein deutsche Sprache e.V. ist der am schnellsten wachsende Verein Deutschlands.