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Ich über mich | Olympia 1972 |
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Texte |
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Vom Kochtopf zum
Es sind Studentinnen, Schülerinnen, Auslandskorrespondentinnen,
Stenotypistinnen, Hausfrauen, Sprechstundenhilfen. Sie opfern zum
großen Teil ihren Urlaub
dafür. Einige kamen direkt vom Kochtopf, hatten die Kinder dem
Ehemann
oder der Schwiegermutter übergeben.
Gisela Weisse, mit einem Industriekaufmann verheiratet, Mutter von zwei Kindern, gab extra in ihrer Bewerbung an, daß sie nur 1,60 m groß sei. Aber sie fügte hinzu: „Sie werden mich sicherlich gebrauchen können, es müssen ja auch kleinere Künstler betreut werden.“ „Spricht eine eine ausgefallene Fremdsprache?“ fragt Hostessen-Chef und Künstlerbetreuer Detlev Mahnert, Studienreferendar einer Oberhausener Schule, der schon Jugendgruppen aus Essen nach England und Frankreich begleitete. „Ich kann Russisch.“ Leider nicht zu gebrauchen. Seit der Invasion in die Tschechoslowakei hört die Festivalleitung nichts mehr von den vorher angemeldeten Teilnehmern aus der Sowjetunion. Die italienisch sprechenden Damen dagegen waren zu verwenden.
„Ich
kann Finnisch“, meldet sich Ritwa Deichmann. Schade, aus Finnland kommt
niemand. Ritwa, die aus Helsinki stammt, spricht auch noch Englisch.
Sie ist mit einem
Essener Kaufmann verheiratet. Als das Projekt Song - Hostessen bekannt
wurde,
war es für sie und ihren Mann sofort klar, an einer Sache vieler
Nationen
teilzunehmen, selbst, wenn es gar keine Bezahlung gebe. Sie war
Sprechstundenhilfe
bei einem Essener Nervenarzt. Nerven wird sie bei dem Festival haben
müssen.
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Konzert
,,JUNGE, Junge, das sind Mädchen!" Als
sich die Song-Hostessen an der Burgplatz- treppe den Fotografen stellten, war auch im Nu eine größere Zuschauermenge da. Barbara Weber ist allerdings etwas traurig. Denn die berühmten Franzosen kommen nicht, die Greco z. B. und Georges Brassens. Sie dürfen nicht kommen. Alle Künstler dieses Festivals treten ohne Gage auf. Die Künstler-Gewerkschaft Frankreichs schob einen Riegel vor: Wer nach Essen fährt und ohne Gage singt, der wird in Frankreich boykottiert. Des Kaisers 23 Damen wird man nicht sofort erkennen. Denn Berufskleidung gibt es keine. Sie bekommen nur eine kleine Anstecknadel als Erkennungsmarke, eine Gitarre, die „Sehnsuchtsbratpfanne der Jugend“, wie sie Mitveranstalter Stadtjugendpfleger Horst Stein nennt. |