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INTERNATIONALE ESSENER SONGTAGE 1968

 
Woodstock ist 
so lange her
Rückblick in der Zeche Carl


DISKUTIERTEN über Glanz und Randale vergangener Tage: Holger
Krüssmann, Michael Rüsenberg, Renée Zucker, Bernhard Graf von
Schmettow, Detlev Mahnert und Reinhard Hippen (v.l.)

   Dem Stargast war selber unheimlich, was 1968 bei den 1. Essener Songtagen passierte. Frank Zappa:,,Viele Konzerte sind in politische Diskussionen ausgeartet, statt Konzerte zu bleiben."
So bilanzierte der Rock-Star die Veranstaltungsserie, die noch
vor Woodstock 40 000 Hippies auf die Beine brachte. Die Zeche Carl blickte am Samstag auf das 25 Jahre zurückliegende Ereignis.

 
Oberbürgermeister Wilhelm Nieswandt hatte damals den Schock seines Lebens zu verkraften: Langhaarige stürmten Empfänge im Rathaus, zwangen ihn zu Spontan-Diskussionen. Sein Resümee damals: ,,Die können singen, was sie wollen; damit hebt man die Stadt nicht aus den Angeln." Und nach einer Pause: ,,Sind ein paar nette Melodien darunter."

   ,,Der Nieswandt wird mir im Rückblick richtig sympathisch", sagte am Samstag die Journalistin Renée Zucker. Sie moderierte eine Diskussionsrunde in der Maschinenhalle, bei der die Auswirkungen der Essener Songtage aufgerollt wurden. Mit dabei war Michael Rüsenberg, der zum 20. Jahrestag der Songtage einen filmischen Rücklick vorgelegt hatte, der mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde.
Außerdem am Tisch saß Bernhard Graf von Schmettow, damals Leiter des Jugendzentrums und heute beim Kommunalverband Ruhrgebiet: ,,Wir hatten eigentlich keine Ahnung, worauf wir uns da einließen." 
ks

 
 
Als Essens Jugend den Aufbruch übte
Ein Rückblick auf die Songtage '68

5o Stunden Musik und nur sieben Stunden für die Diskussion - dies Mißverhältnis wollte dem enga- gierten Redner im Saalbau nicht einleuchten. ,,Ein Hauch von Umsturz lag in der Luft," faßte der fil-
mende Journalist vom Bayerischen Rundfunk seine Eindrücke von den ,,Essener Songtagen" zusammen. Fünf Tage lang bewegten sie 1968 die Gemüter der Stadt. Ein Vierteljahrhundert später blickte die Zeche Carl am Samstag auf dieses ungewöhnliche Ereignis zurück.


Frank Zappa und Franz-Josef Degenhardt (oben) gehören zu denen, die 1968 in Essen dabeiwaren. Über die Spätfolgen der Songtage diskutierten in der Zeche Carl solche, die selbst dabeigewesen sind.

Die wenigsten der über 100 Besucher in der Zeche hatten es wohl miterlebt, was der einführende Filmbericht noch einmal zeigte: Eine Sprecherin, die am Mikrophon dafür warb, daß man doch die Diskussion abbrechen sollte, um den Musikern, die spielen wollten, dazu auch die Gelegenheit zu geben. Franz Josef Degenhardt blies zum Klassenkarnpf. Frank Zappa  räkelte sich auf einem Bett und räsonierte über politi- sches Bewußtsein. 40 000 Besucher, 200 Künstler, 40
Veranstaltungen - eine Größenordnung mit der - noch  vor Woodstock - niemand gerechnet hatte.
 

„Ich hatte Angst“, erinnerte sich Bernhard Graf von Schmettow, der damals das Essener Jugendzentrum leitete, in der anschließenden Diskussion an seine Gefühle angesichts dieses Ansturms. Heute ist er Kulturreferent des Kommunalverbands Ruhr. Gleichwohl, die Aufbruchstimmung erfaßte 1968 auch ihn: „Ich hatte das Gefühl, daß unsere Gesellschaft eine Chance vertan hatte“.

Eine Neuauflage der Essener  Songtage also?  Kein Problem, so Reinhard Hippen, der 1968 das Festival

     
mitorganisiert hatte. Schwierigkeiten sah er nur darin, das nötige Geld aufzutreiben. Als völlig illusorisch schätzte dagegen der heutige Lehrer Detlev Mahnert dieses Anliegen ein. Politisch engagiert seien in der derzeitigen Rockszene allenfalls - leider! -die Gruppen von rechts. Und Michael Rüsenberg, dessen 1988 erstellter filmischer Rückblick auf die Song-Tage im Anschluß zu sehen war, bescheinigte der Stadt Essen, daß sie überhaupt keinen entsprechenden kulturellen Rahmen mehr für ein solches Fest liefern könnte; er verstand es als Armutszeugnis für eine Stadt von dieser Größe.
Konkrete Handlungsanweisungen? Sie waren aus dieser „sentimentalen Gesprächsrunde“ heraus, als die sie angekündigt war, nicht zu bekommen. Man wollte keine moderne Kopie der Songtage anzetteln, sagte Andreas Bomheuer, der als Geschäftsführer der
Bundesvereinigung soziokultureller Zentren“ den Rückblick mitorganisiert hatte. Sinn des Rückblicks sei es gewesen, sich über den Ursprung von kulturellen Veranstaltungen Gedanken zu machen. Nicht immer gehe es darum, nur zu jammern und nach städtischen Geldern zu rufen. Neue Impulse seien gefragt. Die Essener Songtage hätten dafür ein Beispiel abgegeben. 
Doch die Hinterbliebenen von ‘68 stehen mit beiden Beinen auf dem Boden. Wie sagte Renée Zucker, Songtage- Besucherin und als freie Journalistin mit der Leitung der Diskussion betraut: Am besten habe ihr der damalige Oberbür- germeister Wilhelm Nieswandt gefallen. Der sagte im eingangs gezeigten Filmdokument, wer wirklich eine Revolution wolle, müsse die Musik verlassen. Und steckte sich eine Zigarre an.              
tm

 
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