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Umgelegt - Gedichte - Aspects of Life (Gedichte von Kai Mahnert) -  Eine Kindheit nach dem 2. Weltkrieg (Auszüge)- Allerdings bin ich ein Mondmann (Auszüge) 


Mit dem folgenden Lied habe ich mich 1979 an einem Wettbewerb von RTL Radio beteiligt - und das Schicksal von Bayer Leverkusen erlitten: Ich bin Zweiter geworden, und nur der erste bekam einen Plattenvertrag... 
Zwischen Hamm und Eisenheim

Zwischen Hamborn, Buer und Brackel, Katernberg und Eisenheim
ist die Welt ein bisschen grauer, doch  noch längst nicht aus dem Leim.
Vor den alten Zechenhäusern jagen Kinder nach dem Ball,
spiel’n Borussia, Rot-Weiß, Schalke, träumen schon vom Weltpokal...
Auf den Stufen vor der Haustür hockt der alte Kumpel Franz – 
stillgelegt ist seine Zeche, und das packt er noch nicht ganz.
Sein Freund Willi ist jetzt Schäfer, hütet an die achtzig Stück,
möchte manchmal, wenn er nachdenkt, wieder in den Pütt zurück,
steht allein mit seinen Träumen hinterm alten Eisenwerk
zwischen Osterfeld und Ruhrort, Eisenheim und Katernberg.

An der Kumpel-Riviera, drüben am Emscher-Kanal
kannst du wohl umsonst mal baden – Spaß kriegst du auf jeden Fall.
Juanito liegt am Ufer mit der Kleinen vom Büro
und erzählt ihr von Mallorca, doch das kennt sie sowieso...
Jörg und Peter sind grad dreizehn, schwimmen hinterm Kohlenkahn,
und sobald mal keiner hinschaut, hängen sie sich hinten dran.
Kumpel Anton und Cervinski stehn derweil am Taubenschlag,
und die dicke Tante Martha strickt jetzt schon den ganzen Tag
an dem Schal für Opa Lehman... – keiner ist  hier ganz allein
zwischen Sodingen und Bottrop, Katernberg und Eisenheim.

Zwischen Hamborn, Buer und Brackel, Querenburg und Osterfeld,
da gibt’s Straßen, wo du meinst du wärst in einer andren Welt.
Ahmets Frau mit schwarzem Kopftuch, langer Hose unterm Kleid
und an jeder Hand zwei Kinder wohnt hier erst seit kurzer Zeit.
Ahmet kam vor ein paar Jahren, und nun bleibt er wohl ganz da,
denn nun kam auch die Familie zu ihm nach Klein-Ankara – 
so heißt heut‘ die Siedlung zwischen Hafenstraße und Tor zehn,
wo am Mittag, nach der Frühschicht, Ahmet und Mustafa stehn...
Nebel in den dunklen Augen, und sie träumen von daheim, 
Anatoliens arme Söhne, zwischen Hamm und Eisenheim.

Zwischen Hamborn, Buer und Brackel, Osterfeld und Katernberg,
zwischen Borsig, Krupp und Thyssen, RWE und Hüttenwerk,
zwischen Schloten, Fördertürmen, Schrebergarten, Taubenschlag
stehen Anton und Cervinski müde von dem langen Tag...
Und es braucht nicht große Worte für ihre Philosophie,
nur wenn einer kommt und klugscheißt, so einem misstrauen sie.
Feierabend, Fußball, Fernsehn, Stammtischrunde, Pils und Skat,
sonntags mit der Frau ins Grüne an den Rand der großen Stadt,
montags wieder zur Maloche, donnerstags den Lottoschein – 
manchmal kommt das Glück auch hierhin, zwischen Hamm und Eisenheim.

Zwischen Hochfeld und Bruckhausen, Erle, Buer und Schonnebeck
ist die Welt nicht immer einfach, gibt’s wohl auch Gestank und Dreck,
ziehn auch manchmal Schwefelschwaden rüber von der Kokerei,
und dann meinst du, du musst kotzen und die Glieder sind wie Blei – 
aber geh doch mal zum Nachbarn: Seine Tür ist niemals zu,
brauchst du rasch mal Margarine, kriegst auch noch `nen Schnaps dazu.
Bei Karczinski an der Ecke ist das Pils stets frisch und kalt
und die Frikadellen sind auch nie mehr als zwei Tage alt – 
und wenn du einmal in Not bist, werden sie dir Freunde sein: 
Kumpel Anton und Cervinski zwischen Hamm und Eisenheim.

1978