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Das Attentat - am Tag danach
Kommentar der Münchener "Abendzeitung"

 
Der 5. September 1972 
ist der dunkelste Tag in 
der Geschichte Mün- 
chens. Und das in jed-
weder Beziehung.
HEUTE

man doch längst wußte, daß 
sie alle tot waren?
Warum legte man ein so
schlechtes Gewissen an den 
Tag, das man überhaupt
nicht
haben mußte?
Da dringen arabische 
Amokläufer der Aktion 
,Schwarzer Septem-
ber” in das olympische 
Dorf ein, erschießen zwei
Israeli und greifen sich 
neun weitere als Gei-
seln. Der olympische 
Traum von den "heiteren
Nacht über München
Von Karsten Peters

Hätten Bonn, das Land Bayern und die Stadt München die 
Terroristen mit ihren Gefan-
genen nach Kairo oder Tunis oder sonstwo fliegen lassen, 
die Empörung  wäre weltweit 
gewesen. Denn eine geogra- 
phische Verschiebung
Spielen” ist ausgeträumt 
Endgültig. Der blutige 
Terrorakt ruft weltweit 
Entsetzen, Abscheu, 
Trauer und grenzenlose 
Bitterkeit hervor. Und 
das Gefühl kalter Wut 
über die allgemeine 
Ohnmacht.

Die Mehrheit der Men-
schen steht  einer klei-
nen Minderheit von po- 
litischen Wahnsinns-
tätern schier machtlos 
gegenüber.

Und schon werden 
Stimmen heftiger Kritik 
an den Sicherheitsvor-
kehrungen in München 
laut. Verständlich. Doch 
wer wirft den ersten 
Stein? Hat nicht auch 
Israel, der wohl bestbe-
wachte Staat dieser
Welt, das Blutbad auf 
dem Flughafen von Lod 
hinnehmen müssen?
Millionen verfolgten das
zähe,  zeitraubende Ver-

 handeln mit den Gueril-               Dr. Manfred Schreiber
las‚ die zu allem ent-
schlossen waren. Das 
Ultimatum wurde von 
Stunde zu Stunde ver-
schoben. Und schließlich
kam das Ausfliegen von 
Terroristen und Geiseln 
zum, Flughafen Fürsten-
feldbruck. Und hier be-
gann der zweite Akt in 
Münchens dunkelstem
Drama. 

Widersprüchliche Nach-
richten  jagen sich; eine 
Meldung dementiert die 
andere. Eine totale Nach- 
richten-Sperre wird ver-
hängt. Und spätestens 
jetzt wittert jeder:
Hier stimmt was nicht.
Am heutigen frühen 
Morgen gegen drei Uhr 
ließen sie dann die Kata- strophenmeldung aus 
dem Sack - Bundesin-
nenminister Genscher
(FDP), Bayerns Innen-
minister Merk (CSU) und 
Münchens Polizei-Chef
 

(SPD): Alle Geiseln sind 
tot...
Man hat heute morgen
Menschen weinen ge-
sehen. Unbeteiligte, Un-
politische, Unsentimen-
tale. Sie weinten über
eine Tragödie und über
ihre Verschleierung.

Denn das, was die Ver-
antwortlichen auf jener
Pressekonferenz mit ge-
wundenen Formulierun-
gen zu erklären suchten,
das war jedem seit Stun-
den klar, der noch einen
Funken Verstand sein
Eigen nennt.

Warum, so muß man
sich fragen, hat man so
lange gezaudert, mit der
bitteren Wahrheit an die
Öffentlichkeit zu treten?
Warum hat man sträfli-
cherweise zugelassen, 
daß Israels Regierung
sich für die Befreiung
der Geiseln bedankt, wo

des Problems wäre eine allzu
billige Lösung gewesen.
Doch wenn Bundespressechef Conny Ahlers den Erfolg der ,militärischen' Aktion feiert, 
wenn permanent von offizieller Seite behauptet wird, daß die
Geiseln befreit sind, dann fragt
man sich allen Ernstes: Warum
diese Irreführumng der Öffent- lichkeit, diese Vernebelung 
des Tatbestandes?

Die unterbrochenen Spiele werden heute - hoffentlich - endgültig abgesagt. Das olympische Bild einer heilen, heiteren und friedlichen Welt 
ist ein Trugbild. In dieser
kriegerischen, unfriedlichen, 
von Haß und Hader heimge- 
suchten Erde, muß der angeb-
lich friedliche sportliche Wettkampf der Nationen eine Illusion bleiben.

Seit dem 5. September 1972 leuchtet München nicht mehr.

HEUTE, 6. September 1972, 5.00 Uhr: Fassungslos erfahren
die Münchener aus der AZ: Das Geiseldrama forderte 16 Tote.


DRAMATISCHER WEITERTRANSPORT NACH MÜNCHEN: Der verletzte
Hubschrauberpilot wird ständig mit Blutplasma versorgt



 
 
 

Wettrennen um das
Leben des Piloten

München (AZ) - Gleich nach der Schießerei auf dem Fliegerhorst wurde für das Kreiskrankenhaus Fürstenfeldbruck Großalarm gegeben. Innerhalb weniger Minuten bereitete der diensthabende Arzt Dr. Fritz Eckart alles für Operationen vor. Kurz vor Mitternacht wurden die ersten Schwerverletzten  eingeliefert: Ein Hubschrauberpilot und ein Münchner Polizist. (Die Namen der Opfer des Schußwechsels wurden gestern noch nicht bekannt gegeben.)

Hubschrauber-Pilot mußte in
Spezialklinik gebracht werden

Es gelang den Ärzten, die Wunden des Polizisten an Ort und Stelle zu versorgen, doch die Verletzungen des Piloten waren so gefährlich, daß der sofortige Weitertransport in eine Münchner Spezialklinik angeordnet wurde. Für einen Hubschrauber des Bundesgrenzschutzes wurde neben dem Krankenhaus ein provisorischer Landeplatz hergerichtet, von dem aus der verletzte Pilot abtransportiert wurde. Ein Sanitäter mußte ständig Flaschen mit Blutplasma über den Kranken halten, der so vor dem Verbluten gerettet wurde.
 

                                                  DER SPIEGEL